
Rezension: Ancestry
Unternehmensgeschichte
Die Gründung erfolgte im Jahr 1990 durch Paul Brent Allen und dessen Kommilitonen Dan Taggert. Beide studierten damals an der mormonischen Bringham Young University, Utah. Zu Anfang bestand die Idee, auf Disketten eine Datenbank aufzubauen. Diese sollte die Möglichkeit bieten, verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Mormonen in den Vereinigten Staaten herauszufinden (festzustellen). 1996 stellten Allen und Taggert die Datenbank online und gründeten das Unternehmen Ancestry.com. Im Rahmen der Expansion konnte Ancestry.com im Laufe der Zeit unter anderem „Find a Grave“ (eine Internetseite), erwerben.
2020, im August, wurde von David Kestnbaum vom US-Finanzinvestor Blackstone bekannt gegeben, dass er Ancestry von Silver Lake, Spectrum Equity und Permira für 4,7 Milliarden Dollar übernimmt.
GIC, der Staatsfond in Singapur, behielt seine Mehrheitsbeteiligung.
Unternehmensstandort
Die Ancestry.com LLC hat ihren Hauptsitz im US-amerikanischen Lehi, Utah. Der europäische Geschäftssitz ist in Dublin und die deutsche Niederlassung ist in München eingetragen. Das Unternehmen gilt als weltweit führender Anbieter auf kommerzieller Basis für Ahnenforschung. Intern unterhält Ancestry ein computergenealogisches Netzwerk und historische Aufzeichnungen sowie eine genetische Genealogie-Datenbank. Diese wird nur für Kunden auf der gleichnamigen Website bereitgestellt. In Deutschland ist diese unter www.ancestry.de erreichbar.
Zur historischen Datenbank gehören neben Volkszählungen und Wählerlisten auch militärische Auszeichnungen sowie Geburts, Heirats- und Sterberegister. Die Wirkung, die diese Datengrundlage vermittelt, wird individuell wohl unterschiedlich ausfallen.
Unternehmensgröße und Umsatz
Mehr als 3 Millionen zahlende Kunden gehören zu Ancestry. Der Umsatz beläuft sich per anno auf mehr als eine Milliarde Dollar. Mit AncestryDNA werden von dem Unternehmen DNA-Tests angeboten. Diese ermöglichen es den Kunden, die eigene genetische Abstammung zu erforschen.
Damit wurde und wird einem Trend entsprochen, der mit Sicherheit noch lange anhalten wird, weil das Interesse an den Ahnen zur Zeit anhält und teilweise sogar mit einem regionalen Hype bezeichnet wird.
Ancestry.com gibt über drei Millionen zahlende Kunden an und generiert einen Jahresumsatz von mehr als 1,6 Milliarden US Dollar.
2. Wie funktioniert der DNA-Testprozess
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Zusammen mit dem Unternehmen Quest Diagnostica werden die DNA-Tests durchgeführt. Der Firmensitz dieses Unternehmens befindet sich im US-amerikanischen Secaucus, New Jersey.
Der AncestryDNA®-Test funktioniert mit einer autosomalen DNA-Analyse auf Microarreay-Basis. Diese kann das gesamte Erbgut eines Menschen anhand einer einfachen Speichelprobe, die nach Ancestry eingeschickt wird, analysieren. Darüber hinaus kann sie mehr als 700.000 genomische Positionen untersuchen.
Der DNA-Test ist geschlechtsneutral und bietet eine fortschrittliche DNA-Technologie, mit der DNA-Proben mit anderen aus der ganzen Welt verglichen werden können.
Bevor die Speichelprobe abgegeben wird, muss ein Onlinekonto aktiviert werden. Dort kann die eigene Familiengeschichte erforscht oder ein Stammbaum angelegt werden. Inklusive DNA-Test kostet ein Probe-Abonnement 45,00 Euro.
Was sind die einzelnen Schritte für einen Stammbaum?
Frei nach dem Motto: „Deine DNA entschlüsselt Deine Familiengeschichte“ kann mit Ancestry® der eigene Stammbaum ganz leicht und intuitiv in 4 Schritten online erstellt werden.
Was ist im ersten Schritt zu tun?
Auf dem Portal von Ancestry sind zuerst der/die eigene/-n Vorname/-n, der Familienname und der Geburtsname sowie die Vor- und Nachnamen der Eltern und Großeltern einzugeben. Wichtig sind auch die jeweiligen Geburts- und Wohnorte sowie das jeweilige Geburtsdatum.
Wie gestaltet sich der zweite Schritt?
Es wird darum geben, nach einem Blattsymbol Ausschau zu halten. Dies deshalb, weil sich mit diesem vielleicht etwas über Vorfahren in den historischen Dokumenten finden lässt.
Was fordert der dritte Schritt?
Jetzt geht es darum, das Dokument zu erforschen. Bereits dabei können Informationen über die eigenen Vorfahren in Erfahrung gebracht werden, die dann dem eigenen Stammbaum hinzugefügt werden können.
Der letzte und damit vierte Schritt:
Jetzt gibt es immer mehr Hinweise. Und die nehmen noch zu, wenn wieder neue Vorfahren dem Stammbaum hinzugefügt werden. Jeden Tag werden ungefähr zwei Millionen neue Aufzeichnungen hinzugefügt.
27 Milliarden Aufzeichnungen sind nicht nur der Schlüssel zur Familiengeschichte, sondern bringen alle Menschen, die daran interessiert sind, in der eigenen Ahnenforschung voran. Damit werden die eigenen Ahnen, die verstorbenen Familienmitglieder, zu mehr als eine fremde Person mit Namen.
Es kommt vielmehr zu einer Zeitleiste, die „Lebensgeschichte“ heißt. Zudem kann ein Kontext über die Ereignisse, die diese Menschen geprägt haben, entstehen.
Damit das alles ohne große Schwierigkeiten funktioniert, werden mit einer leicht zu bedienenden Suchmaschine Familienmitglieder ausfindig gemacht. Die Ergebnisse dieser Ahnenforschung werden sodann unmittelbar im eigen Online-Stammbaum gespeichert.
Wie benutzerfreundlich das Portal ist, wird bereits auf der Startseite angepriesen. Und zwar in Verbindung mit einer kleinen Schritt-für-Schritt-Anleitung.
Wie schnell bekommt man die Resultate?
Sobald die Proben eingegangen sind, dauert es im Durchschnitt sechs bis acht Wochen, bis die Testergebnisse online eingestellt sind.
Was kosten die verschiedenen Testangebote?
Immer wieder ist zu lesen, dass Ancestry kostenlos angeboten würde. Das stimmt aber nicht so ganz. Mit einem kostenlosen Ancestry-Konto erhält man den Status registrierter Gast. Weil es gebührenfrei ist, muss es auch nicht gekündigt werden. Vielmehr arbeitet das Unternehmen mit einem eigenen Abo-Modell. Zunächst werden für einen Monat 4,99 Euro gezahlt. Anschließend erhöht sich der monatliche Beitrag auf 12,99 Euro. Damit ist der Zugriff auf die deutschen Aufzeichnungen gewährleistet. Wenn der Zugriff auf die weltweiten Aufzeichnungen gewünscht wird, dann sind für den ersten Monat 9,99 Euro und ab dann 22,90 Euro pro Monat zu bezahlen. Ein Abonnement für sechs Monate ist in der Relation günstiger. Gut ist, dass die Abos jederzeit vom Kunden gekündigt werden können.
Ein Probeabonnement kostet inklusive DNA-Test 45 Euro.
Diese Stammbaumfunktion zusammen mit der digitalen Sammlung von historischen Dokumenten ist als beeindruckend zu interpretieren.
Datenschutz
Wie wird mit den Kundeninformationen umgegangen?
Das Daten gesammelt werden, ist schon daran zu erkennen, das Kunden bzw. Kundinnen Ihr Geburtsjahr und Ihr Geschlecht angeben müssen. Dies wäre eigentlich nicht nötig, weil sich die DNA eines Menschen von Geburt bis zum Tod nicht ändert. Beide Angaben sind also für die DNA-Analyse von keinerlei Relevanz.
Wie gut ist der Datenschutz?
Ancestry erklärt, keine personenbezogenen oder genetischen Daten an Dritte, insbesondere nicht an Arbeitgeber, Versicherungsunternehmen oder Drittvermarkter weiterzugeben. Dann aber kommt zum Ausdruck, dass für „andere Mitglieder von Ancestry“ die Daten sichtbar werden. Wer die „anderen Mitglieder“ sind, wird nicht erwähnt. Somit erhalten Kunden bzw. Kundinnen keine Kenntnisse über diese Mitglieder. Auch wer die erwähnten Partnerunternehmen sind, die Kenntnis über Daten erhalten, wird nicht bekannt gegeben.
Wie die Datenschutzeinstellungen für alle Familienstammbäume verwaltet werden können, kann „mit einem Klick“ in Erfahrung gebracht werden.
Wird meine DNA sicher aufbewahrt?
Ancestry erklärt Folgendes:
– Es gibt keine Suche nach Personen mit DNA-Testergebnissen.
– Sie werden durch Ihre Anzeigennamen identifiziert.
– Die Ergebnisse Ihres DNA-Tests werden in einer sicheren Datenbank gespeichert.
– Das Labor, das Ihre DNA bearbeitet, hat keinen Zugriff auf Ihren Namen, Ihre Adresse oder andere Kontaktdaten.
– Ihre DNA-Probe wird sicher aufbewahrt.
– Ihre Genetik-Informationen Nondiscrimination Act (Gina) (Mehr Infos per Link)
– Sie haben die Wahl, Ihre DNA-Testergebnisse zu löschen
Datenschutz: Werden Daten ohne mein Einverständnis weitergegeben?
In der Datenschutzerklärung ist ziemlich versteckt nachzulesen, dass Daten an externe Anbieter von Werbeaktionen und Zahlungsabwickler weitergegeben werden können. Um welche Daten es sich genau handelt, ist nicht bekannt. Informationen dazu konnten nicht erfolgreich recherchiert werden.
Dies ist ein Punkt, der zumindest ein ernsthaftes Nachdenken erforderlich macht.
Lapidar hieß es: „Der Schutz der Daten unserer Kunden ist unsere oberste Priorität. Wir teilen keine Daten mit Versicherern, Arbeitgebern oder Drittparteien.“ Es würden auch keine Daten mit Behörden geteilt. Außer, es liegt ein Gerichtsbeschluss vor. Der Begriff „Drittparteien“ wird ebenfalls nicht näher erläutert. Das Angebot von Ancestry ist folglich mit einer gesunden Skepsis zu betrachten.
Weil aber Updates und Matches für die Kunden zur Verfügung stehen, würden diese Daten „auf unbestimmte Zeit“ gespeichert.
Strafverfolgungsbehörden können somit auf die Daten zugreifen, solange diese in der Datenbank gespeichert sind und ein entsprechender Gerichtsbeschluss vorliegt.
Auch Pharmakonzerne und Behörden sowie Versicherungen haben ein großes Interesse an genetischen Daten. Dass diese auch gerne für Datenmaterial bezahlen, ist ein offenes Geheimnis. Eine ausdrückliche wörtliche Ablehnung wäre hier zielführend für Nutzer des Ancestry-Angebotes.
In puncto Datenschutz muss auch erwähnt werden, das 2018 auf dem Ahnenforschungsportal „MyHeritage“ von mehr als 92 Millionen Nutzern die Daten gestohlen wurden. Dazu gehörten E-Mail-Adressen und Passwörter. Kreditkartendaten und DNA-Daten waren auf einem anderen Server gespeichert. Trotzdem waren Sicherheitsforscher sofort alarmiert. Schließlich könnten auch genetische Codes von Menschen geknackt werden. Und das mit drastischen, sprich dramatischen Folgen. Ein Passwort, dass kann geändert werden, die DNA kann niemals geändert werden.
Also heißt es auch hier: AUFPASSEN!
Vertrauenswürdigkeit
Den Big Brother Award, der als Negativum zu verstehen ist, wurde Ancestry 2019 verliehen.
Die Begründung der Auszeichner /Verleiher:
Ancestry nutzt das Interesse an Familienforschung, um Menschen zur Abgabe von Speichelproben zu veranlassen. Darüber hinaus würden die Gen-Daten an eine nicht bekannte Anzahl von Unternehmen, die zum Teil gewinnorientiert ausgerichtet sind, weitergegeben.
Zudem würden Gewinne aus Verkauf oder Weitergabe von Daten nicht mit den Nutzern geteilt.
Andererseits würde Ancestry.com den Bestellern von DNA-Analysen die Weitergabe von Analyseergebnissen an andere verbieten. Wie diese Aussagen mit Vertrauen in Verbindung gebracht werden können, sei jedem Nutzer, jeder Nutzerin individuell überlassen.
Wie ist die Kundenzufriedenheit?
Die prozentuale Bewertung, bezogen auf 122 Bewertung auf dem Portal von Trustpilot zeigen folgendes Ergebnis:
– Hervorragend 43 %
– Gut 13 %
– Akzeptabel 7 %
– Mangelhaft 7 %
– Ungenügend 27 %
Es wird bemängelt, dass Transkriptionskorrekturen nicht als solche erkannt werden und damit für jedermann sichtbar sind. Auch das der Datenbestand keiner kontinuierlichen Pflege unterliegt, gehört zu den negativen Statements.
Dass nicht immer alle erforderlichen Daten zu Ahnen vorliegen, wird von Ancestry mit dem deutschen Archivrecht begründet. Deshalb wird empfohlen, sich an die zuständigen Standesämter zu wenden, um die Daten zu den Vorfahren zu erhalten.
Hierzu muss angemerkt werden, dass solche Anfragen jedes Mal gebührenpflichtig sind. Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern für alle Länder.
Andere Nutzer (User) sagen:
Kompetent / Thank you very much / Schöner Besuch / Abzocke / Hier wird man also zum Abo gelockt / Einfach super / Erst mal nur zwei Sternchen / …… usw., usw.
Nimmt man die prozentualen Werte hinzu, entsteht schnell der Eindruck, dass Ancestry nur mit Vorsicht und größter Aufmerksamkeit genutzt werden sollte.
Merkmale
Positiv
– Die Mitgliedschaft und das Abonnement können jederzeit gekündigt werden.
– Die 14-tägige Probemitgliedschaft muss nicht gekündigt werden.
– Die Kunden können auch jederzeit die Löschung Ihres Accounts sowie Ihrer DNA-Daten und die Entsorgung der Speichelprobe beantragen.
Negativ
Mit der DNA-Genealogie können auch dunkle Familiengeheimnisse gelüftet werden. Darüber hinaus werden mit jeder Speichelprobe sensible genetische Informationen weitergegeben. Angeblich werden diese sicher und vertraulich aufbewahrt.
Doch Vorsicht ist geboten:
Daten können auch bei Ancestry weitergegeben werden. Das kann nachgelesen werden. Siehe hierzu den Absatz „Datenschutz: Werden Daten ohne mein Einverständnis weitergegeben?“
Zusammenfassung
Ancestry ist ein international agierendes Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika, dass zur Riege der Milliarden-Dollar-Konzerne gehört. Die Neugier der Menschen nach Ihren genetischen Wurzeln ist die Basis des Geschäftsmodells. Wer auf „100%igen Datenschutz“ großen Wert legt und nicht möchte, dass die eigenen Daten unter Umständen anderen Privatpersonen oder kommerziell agierenden Personen bzw. kommerziell agierenden Geschäftsmodellen zugänglich sind bzw. irgendwann einmal zugänglich werden, sollte vielleicht besser die kommerziellen und bewährten Wege der Ahnenforschung über die nationalen und internationalen Standesämter und Einwohnermeldeämter für sich nutzen. Der zeitliche Aufwand und die Recherchekosten dürften im Vergleich nicht sonderlich weit auseinander klaffen.
Auch, dass die Ergebnisse bei Weitem nicht jeden zufriedenstellen, kann Anlass genug sein, die Kosten für ein gebührenpflichtiges Konto (Abonnement) zu sparen. Die Begleitkosten für die teilweise mehrfach erforderlichen Standesamtrecherchen sind hinzuzurechnen. Zudem ist in fast allen Fällen sehr viel Geduld und Ausdauer gefragt, bis die ersten (zufriedenstellenden?) Ergebnisse vorliegen. Eine Tatsache, die Ancestry sogar in einigen eigenen Statements zu Usermeinungen auf Bewertungsportalen wie beispielsweise trustpilot zu verstehen gibt.